Krippenverein baut das ganze Jahr über für die Weihnachtszeit

Es gibt unzeitgemäße Hobbys. Wer bei Glutshitze im Hochsommer an Krippen denkt, an Schneefall und Weihnachten, der pflegt ein wahrlich unzeitgemäßes Hobby.

Helmut Reischl (links) erklärt Karl Butsch, wie man fachgerecht eine Krippe verputzt.
Helmut Reischl (links) erklärt Karl Butsch, wie man fachgerecht eine Krippe verputzt.

Dabei ist jedem klar, der darüber nachdenkt: Krippen haben zwar ihre Zeit um Weihnachten herum. Aber Krippen müssen produziert werden, und das geht nicht nur zur Weihnachtszeit.

„Für mich ist jeden Tag Weihnachten“, sagt Theresia Reischl, die Vorsitzende vom Krippenverein Ulm-Söflingen. Aber ist das überzeugend? Bei Gluthitze im Hochsommer. Ja, das ist es, überzeugend und ehrlich. Der harte Kern der 135 Mitglieder trifft sich fast täglich in den wohl temperierten Kellerräumen der alten Meinlohschule, um gemeinsam an Krippen und deren Ausstattungsgegenständen zu arbeiten. Miroslav Ondracek ist der Alterspräsident und zählt ebenso viele Lenze wie der Verein selbst, nämlich deren 90. Sein Spezialgebiet ist die Hintergrundmalerei.

Thomas Unger ist erst seit vier Jahren dabei. Der 37-Jährige wurde durch Zufall Mitglied: „Früher habe ich im Keller für mich alleine herumgewerkelt, bis meine Frau auf den Verein aufmerksam wurde und mich hingeschickt hat.“ Im Krippenverein lernte er viel dazu und besuchte schon einige Kurse der Krippenbauschule in Garmisch. Mittlerweile spezialisiert er sich auf die Botanik, also die Bäumchen und Büsche auf dem Diorama. „Es ist viel schöner in Gesellschaft an Krippen zu arbeiten, man bekommt von den anderen Tipps und kann von ihren Erfahrungen profitieren.“ Seine Frau Carmen Unger war anfänglich nur seine Begleiterin, inzwischen ist sie selbst aktiv dabei. „Ich dachte eigentlich, dass ich zwei linke Hände habe. Aber das stimmt nicht, ich male die Holzfiguren an und dabei kann ich mich so richtig gut entspannen.“

Ebenfalls durch den Ehepartner in den Verein gekommen ist die Vorsitzende Theresia Reischl. Sie erledigt die Bastelarbeiten und das Anmalen der Figuren. „Krippenbauen ist ein vielfältiges Hobby, man macht zwar oft das Gleiche, aber nie dasselbe.“

Der Verein legt großen Wert auf Öffentlichkeitsarbeit. Ferienprogramm für Kinder, Schnitz- und Stallbaukurse stehen auf dem Programm. „Handmade in Söflingen“ ist in der Region mittlerweile ein Qualitätsbegriff, wenn es um Krippen geht. Veranstalten die Vereinsmitglieder einen Verkauf, so ist der Andrang groß, etwa beim Tag der offenen Tür, Blausteiner Herbst und Söflinger Weihnachtsmarkt. Krippen sind übrigens nicht die einzigen Erzeugnisse. Gartenschmuck und Vogelhäuser stehen ebenso im Portfolio des Vereins, und für die Narrenzunft bauen die Mitglieder die Rätschen. Bei Ausstellungen zeigen die Künstler ihre Meisterwerke. Während der Adventszeit präsentiert der Verein in diesem Jahr seine Werke im Sparkassengebäude in der Neuen Mitte.

Eine Krippe aus Söflingen besteht nicht nur aus Holz, sondern auch aus Styrodur. Das sind Hartschaumplatten, die eigentlich bei Häusern zur Wärmedämmung eingesetzt werden. Das Material lässt sich leicht zusägen und gut verarbeiten. Aus Styrodur gestalten die Bastler das Toporama einer Landschaft und deren Bauwerke, anschließend vergipsen sie das Ganze. „Erst mit dem Gips, der Farbe und der Botanik wird die Krippe hübsch“, erklärt Helmut Reischl. Bäume und Sträucher sind meist aus echten getrockneten Pflanzen. Auch alte Äste oder kleine Wurzeln werden in die Krippen eingearbeitet. Als Fundament dienen bei Wandkrippen Baumpilze. Um das passende Material zur Hand zu haben, gehen die Vereinsmitglieder oft mit dem Rucksack in die Berge und sammeln Wurzeln, Rinden oder Pilze.

Über mangelnden Nachwuchs kann sich der Verein nicht beklagen. „Bei unseren Kursen bleiben immer künftige Vereinsmitglieder hängen“, berichtet Theresia Reischl. Sie beobachtet, dass immer mehr Menschen wieder ihre Krippen selbst bauen wollen und nicht einfach fertig kaufen. „Man kann selbst entscheiden, was in die Krippe kommt. Die selbst gebaute Krippe ist genauso wie ich sie mir vorstelle, gekaufte sind immer ein Kompromiss“, erklärt Unger.

Das Vereinsleben spielt sich aber nicht nur in der Werkstatt ab. „Geselligkeit und Kameradschaft wird bei uns ganz groß geschrieben. Deshalb machen wir auch Ausflüge oder Krippenfahrten zu Ausstellungen“, sagt Reischl. Fortbildungskurse und die Teilnahme am Weltkrippenkongress stehen ebenfalls auf dem Programm.

Quelle: SWP – Beate Storz